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Unsere Kriterien zur Suche von All Around Pferden

Bald kommt wieder die Zeit des Jahres, in der die Fohlen das Licht der Welt erblicken und sich so manch einer auf die Suche nach einem Nachwuchspferd macht.  Aus diesem Grund findet Ihr hier ein paar Gedanken und Kriterien, wie wir unsere Jungpferde, vom Fohlen bis zum 3 jährigen, aussuchen. Sowohl an die Nachkommen aus unserer eigenen Zucht, als auch an Jungpferde welche wir für Kunden oder uns selbst kaufen, legen wir den gleichen Maßstab an.

Die Abstammung

Ohne hier ins Detail zu gehen, welche Blutlinien wir persönlich bevorzugen, möchte ich doch jedem ambitionierten Reiter dazu raten, ein Pferd zu wählen, welches bereits auf Grund seiner Abstammung eine potentielle Eignung für die geplanten Disziplinen aufweist. Man kann zwar auf dem Papier nicht reiten, dennoch ist zweifelsfrei die Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Eignung deutlich größer, wenn bereits die Vorfahren ein gewisses Talent hatten.

 

Der erste Eindruck

Wie heißt es schön, es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Das gilt auch bei Pferden. Der erste Eindruck ist für den Richter ein erster Indikator und genau deshalb ist er auch uns so wichtig. Aus diesem Grund schauen wir uns ein Pferd immer erst einmal im Detail im Stand an. Wir gehen dabei ähnlich vor wie ein Richter bei einem „Jog-in“. Also sozusagen ein Rundum-Blick beginnend von vorne über die Seite und dann von hinten. Besonders achten wir auf den Kopf, den Hals, den Widerrist, den Rücken und die Kruppe des Pferdes. Wir möchten ein möglichst balanciertes und ansprechendes Profil erkennen, vor allem an den Stellen, die nachher auch der Richter (unter dem Sattel) sehen wird. Dies ist ein relativ zügiger Überblick.

 

Danach schauen wir weiter auf:

Der Kopf sorgt für den ersten Eindruck und sollte schön und wohl proportioniert sein. (Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.)
Der Kopf sorgt für den ersten Eindruck und sollte schön und wohl proportioniert sein. (Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.)

Das Gebäude

 

Der Kopf

Im Gesicht des Pferdes bevorzugen wir sanfte, ruhige Augen, die weit auseinander liegen. Sowohl die Kopfgröße als auch die Ohrengröße sollten ein harmonisches Verhältnis zu einander haben. Wir bevorzugen elegante und schöne Köpfe, die nicht zu grob sind. Kleine und eng aneinander liegende Augen sind nicht sehr ansprechend.

 

Die Seitenansicht (Profil)

In der Seitenansicht schauen wir uns wieder das Pferd von vorne nach hinten an. Dieses Mal sollte man sich mehr Zeit als beim ersten Eindruck nehmen. Der schöne Kopf sollte in eine saubere Ganasche mit viel Ganaschenfreiheit und einen langen Hals übergehen. Der Hals sollte nicht zu dick, aber auch nicht zu dünn sein. Die Länge soll harmonisch zum Pferd passen. Der Hals sollte in einem angemessen ausgeprägten Wiederrist enden. Das Pferd sollte möglichst von Natur aus seinen Hals in einer waagerechten Position tragen wollen. Dies vereinfacht das spätere Training deutlich.

 

Der Winkel von Schulter und Fessel sollte sich gleichen.
Der Winkel von Schulter und Fessel sollte sich gleichen.

Der nächste Blick geht zur Schulter des Pferdes. Hier interessiert uns primär der Winkel der Schulter. Optimal ist ein Winkel von 45° oder leicht darüber. Ein zu steiler Winkel führt zu kurzen und oftmals abgehackten Schritten. Ein zu flacher Winkel resultiert in zu raumgreifen Schritten. Da wir einen identischen Winkel in der Schulter und im Fesselgelenk möchten, resultiert ein zu flacher Winkel häufig in einem sehr weich gefesselten und durchtrittigen Pferd.

 

Weiter geht es zum Rücken. Dieser sollte kurz und kräftig sein. Dies hilft dem Pferd sich von selbst zu tragen und „die Hinterbeine unter sich zu behalten“. Es gibt zwar auch Pferde mit einem langen Rücken die sich sehr ausbalanciert bewegen, häufig neigen diese aber eher zu einem schwachen Rücken, was sich unweigerlich in der Bewegung wiederspiegelt.

 

Die Kruppe ist der „Motor“ unseres Pferdes und sollte daher ausreichend lang und gut bemuskelt sein. Außerdem wünschen wir uns hier den gleichen Winkel wie in der Schulter. Die Sprunggelenke sollten nicht „zu tief“ unter dem Pferd sitzen. Solche Pferde neigen zu einem schwachen Jog.

 

Das Gesamtbild

Im Profil sollte das Pferd einen gleichmäßigen und harmonisch gebauten Eindruck machen. Die Vorder-, Mittel- und Hinterhand sollen proportional zueinander passen (gleich groß sein). Die Verhältnisse von Ober- zu Unterlinie sollen stimmig und gleichmäßig sein.

 

Die Korrektheit

Ein kurzes Wort zur Gebäudekorrektheit. Wir achten auf ein Pferd mit geraden Beinen und Hufen. Die Hufe sollten ausreichend groß für das jeweilige Pferd sein. Sollte eine Fehlstellung vorliegen, ist das für aber kein „No Go“. Hier gilt es, gegebenenfalls gemeinsam mit einem Tierarzt, eventuelle Auswirkungen auf die Langlebigkeit zu erörtern.

In der Bewegung möchten wir Pferde, die leicht in der Schulter sind und Ihr Vorderbein sauber nach vorne schwingen. (Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.))
In der Bewegung möchten wir Pferde, die leicht in der Schulter sind und Ihr Vorderbein sauber nach vorne schwingen. (Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.))

Die Bewegung

Nachdem wir uns das Pferd ausführlich im Stand angeschaut haben, geht es weiter zur Beurteilung in der Bewegung. Je nach Alter des Pferdes möchten wir es entweder frei in der Halle / Platz / Round Pen oder auf der Weide in der Herde anschauen. Dies gilt sowohl für ungerittene als auch bereits gerittene Pferde. Es geht uns in erster Linie darum, die natürliche Bewegung des Pferdes zu beobachten. Gleichzeitig kann bei Jungpferden in der Herde das Verhalten gegenüber den anderen Pferden beobachtet werden. Grundsätzlich gilt es zu beachten, wie „frisch“ das jeweilige Pferd ist. Ein sehr frisches Pferd wird ein wenig Zeit benötigen, bis es sich entspannt und sein ganzes Potential zeigen kann.

 

Der Jog

Im Jog achten wir besonders darauf, wie das Pferd beim Übergang aus dem Schritt seine Hinterbeine benutzt. Wir wollen ein Pferd sehen, welches die Hinterbeine „unter“ seinem Körper hält und von Hinten nach Vorne anjogt. Die Hinterbeine sollten mehr Untertritt als Austritt (hinter die Hinterhand) haben. Was wir nicht sehen wollen, ist ein junges ungerittenes Pferd, wwlches im Jog seine Hinterbeine durch den Sand zieht. Austritt und „Hufe durch den Sand ziehen“ sind Zeichen für eher schwachen Jogger. In der Vorhand sollte das Pferd sein Vorderbein gerade nach vorne schwingen, ohne „zu schaufeln“. Die Schrittgröße in Vor- und Hinterhand sollte identisch sein und das Vorderbein sollte möglichst wenig Knieaktion (Beugen des Vorderbeines) aufweisen. Wichtig ist aber, dass wir ein Pferd nicht zwangsläufig ausschließe nur weil es ein schwacher Jogger ist. In den All Around Klassen wird ein starker Galopp benötigt, was dazu führen kann, dass auch schwächere Jogger sehr erfolgreich sein können, wenn die Qualität im Galopp vorhanden ist.

Der Lope

Im Lope schauen wir uns erneut erst die Hinterhand des Pferdes an. Hier ist ein weites Unterspringen der Hinterbeine ohne viel Aktion aus dem Sprunggelenk wünschenswert. Die Hinterbeine sollten möglichst weit und weich unter dem Pferdekörper landen. Wir möchten keine kurzen „Hasensprünge“ sehen, sondern einen natürlichen, weichen und fließenden Galoppsprung. Leichtigkeit ist hier ebenfalls sehr wichtig. Wenn ein ungerittenes Pferd bereits eine schwerfällige Galoppade hat, wird dies durch das zusätzliche Gewicht von Reiter und Sattel nicht besser. Im Vorderbein möchten wir, ähnlich wie im Jog, ein sauberes Nach-Vorne-Schwingen sehen, mit nicht zu viel Knieaktion (Beugen im Vorderbein). Unser Augenmerk liegt allerdings deutlich auf einer starken und guten Hinterhandaktion im Galopp. Die Hinterhand ist für die Bewegung und die Lastaufnahme verantwortlich. Wenn diese gut ist, kann durch weiteres Training die Vorhand positiv optimiert werden. Ohne eine ausreichend starke und gute Hinterhandaktion hat der Galopp unserer Meinung nach zu wenig natürliches Potential.

Ein balanciertes Profil ist eine Grundvoraussetzung für einen guten Beweger.  (Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.)
Ein balanciertes Profil ist eine Grundvoraussetzung für einen guten Beweger. (Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.)

Das Verhalten

Während der gesamten Zeit beobachten wir das Verhalten des Pferdes, sowohl uns gegenüber als auch anderen Pferden. Uns ist wichtig, dass das Pferd auf andere Pferde und Menschen positiv reagiert. Ein wenig Skepsis find ich völlig in Ordnung, sollte sich aber kurzfristig legen und von einer gesunden Neugierde abgelöst werden. Persönlich finden wir in einem gewissen Rahmen kleine „Respektlosigkeiten“ nicht schlimm. Dies hängt sehr stark von dem Ausbildungsstand und Alter des Pferdes ab.

 

Unter dem Sattel

Bei älteren Pferden, die bereits angeritten sind, folgt nun die Einschätzung unter dem Sattel. Das zusätzliche Gewicht und die bereits vorhandene Ausbildung können zu deutlichen Veränderungen in der Bewegung führen. Aus diesem Grund lassen wir uns das Pferd immer erst vorreiten. Dies am liebsten ohne irgendeine Form von Hilfszügeln. Hier achten wir auf die gleichen Punkte wie bereits weiter oben beschrieben. Wir wollen das natürliche Vermögen des Pferdes beurteilen. Zum Beispiel wie gut es sich mit dem Reiter selbst tragen kann, in wie weit es den Kopf und Hals fallen lässt, etc. Von frisch angerittenen Pferden erwarte ich keine Wunder. Wie gesagt, es geht uns um das natürliche Potential. Zusätzlich möchten wir beim Satteln dabei sein um zu sehen, ob hier Anzeichen von negativem Verhalten zu sehen sind.

(Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.)
(Photo curtesy of Debbie Trubee/North Farm Inc.)

Die Gesundheit

Die Gesundheit und Stabilität ist ein ganz wichtiger Faktor. Gerade bei gerittenen Pferden sollte man deshalb auf eine Ankaufsuntersuchung durch einen fachkundigen Tierarzt nicht verzichten. Aber bereits bei der Beurteilung kann man auf bestimmte Kriterien achten, die sich mehr oder minder stark auf die Langlebigkeit unseres Nachwuchspferdes auswirken können. So achten wir zum Beispiel auf eine möglichst korrekte Huf und Beinstellung und ausreichend große Hufe. Außerdem tasten wir die Beine ab, um eventuelle Schwellungen, Beulen und ähnliches zu fühlen. Das Pferd sollte klare, trockene Beine haben, die nicht aufgeschwemmt sind. Außerdem ein Auge ohne sichtbare Eintrübungen. Wir fassen den Pferden – vor allem den gerittenen – gerne über Widerrist und Rücken um etwaige Schmerzreaktionen zu erkennen. Außerdem achten wir während dem gesamten Besuches auf Lahmheiten oder deutliche Taktunreinheiten. Sollte mir hier etwas auffällig sein, führt dies nicht automatisch zum „Aussortieren“ des Pferdes. Es bedarf aber einer tierärztlichen Untersuchung.

 

Generell versuche wir das infrage kommende Pferd immer Zweimal anzuschauen. Dies kann innerhalb eines Tages sein oder auch mit ein paar Tagen Pause dazwischen. Wir wollen, dass uns das Pferd beim zweiten Besuch ebenso gut gefällt (oder besser) als beim Ersten. Häufig fallen uns bei der zweiten Einschätzung Dinge auf, die wir bei der Ersten nicht erkannt oder übersehen haben. Es wäre unschön, wenn diese Erkenntnis erst kommt, wenn das Pferd bereits bei uns im Stall eingezogen ist.

 

Ein Wort zu Farbwünschen; Unsere feste Überzeugung ist „Ein gutes Pferd hat keine Farbe!“. Somit ist klar, dass die Farbe – wenn überhaupt – das letzte Kriterium ist, welches wir in Betracht ziehen.

 

Wir hoffen Euch hat dieser – zugegeben sehr lange Beitrag – gefallen und Ihr könnt für Eure Suche etwas mitnehmen. Worauf achtet Ihr bei der Suche nach einem Nachwuchspferd? Was ist Euch wichtig? Lasst gerne einen Kommentar unter diesem Beitrag und teilt und Eure Meinungen und Erfahrungen mit.

Das moderne All Around Pferd, harmonisch, balanciert und wunderschön - aus jedem Winkel. (Photo curtesy of Debbie Trubee / North Farm Inc.)
Das moderne All Around Pferd, harmonisch, balanciert und wunderschön - aus jedem Winkel. (Photo curtesy of Debbie Trubee / North Farm Inc.)

 

Bedanken möchten wir uns ganz herzlich bei Debbie Trubee von North Farm Inc., die uns die Bilder für diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat.

Thank you very much to Debbie Trubee of North Farm Inc. for allowing us to use her awesome pictures for this article.

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