Der Fliegender Galoppwechsel ist, wenn gut geritten, eines der elegantesten Manöver die man mit seinem Pferd vollführen kann. Er ist ein natürlicher Bewegungsablauf für das Pferd, wird aber durch den Faktor Mensch deutlich erschwert. Er fordert vom Pferd ein gutes Gleichgewicht sowie eine Durchlässigkeit an den Schenkelhilfen. Vom Reiter ein sehr gutes Timing und Gefühl für den Bewegungsablauf. Von daher gilt, ein Pferd zu wechseln ist nicht schwer, aber einen punktgenauen und durch feine Hilfen ausgeführten Fliegenden Wechsel zu reiten erfordert viel Training und eine solide Grundausbildung des Partners Pferd.
Wie das Ganze aussehen kann veranschaulicht das folgende Video aus der Reihe "A Judge's Perspective" der American Quarter Horse Association.
Der AQHA Richter und Professional Horseman Jonathan Meilleur erklärt anhand des Siegerrittes in der Senior Western Riding der
2017 Lucas Oil AQHA World Championship Show die feineren Punkte des Fliegenden Wechsel. Zu sehen sind Jason Martin und Heza Radical Zip.
In diesem Artikel erkläre ich, wie wir den Pferden den Fliegenden Wechsel beibringen. Wie bei allem im Leben gibt es mehrere, verschiedene Wege um ans Ziel zu kommen. Für uns hat sich allerdings der Weg über das Seitliche Verschieben als am einfachsten für die Pferde erwiesen. Außerdem lernen die Pferde hierdurch von Tag eins an, dass ein Fliegender Wechsel nichts mit einem Richtungswechsel zu tun hat und das sie auch nach dem Wechsel geradegerichtet bleiben.
Der Naturwechsler
Eine kurzes Wort zu den sogenannten "Naturwechsler". Diese Bezeichnung ließt man immer häufiger in Verkaufsanzeigen, aber was verbirgt sich dahinter und wie hoch sollte diese Aussage bewertet werde? In meinen Augen kann so ziemlich jedes Pferd den Fliegenden Wechsel lernen. Es gibt Pferde, denen fällt der Fliegende Wechsel leichter - auf Grund von Gebäudevorteilen oder einer besseren Athletik - und es gibt Pferd, für die ist der Fliegende Wechsel eine größere Herausforderung. Das Wort "Naturwechsler" bedeutet für mich, dass das Pferd das Bestreben hat, immer im "richtigen" Galopp zu sein und deshalb - ohne Reiter - von sich aus den Galopp wechselt. Nicht mehr und nicht weniger. Die korrekte Körperposition und die Hilfen muss aber auch ein "Naturwechsler" lernen um später punktgenau und auf feinste Hilfen wechseln zu können. "Naturwechsler" bedeutet also nur, dass ein gewisses Grundtalent für den Fliegenden Wechsel im Pferd vorhanden ist und wir hoffen, dass es ihm hierdurch leichter fällt, den tatsächlichen Fliegenden Wechsel unter dem Reiter zu erlernen.
Was sollte mein Pferd VORHER können?
Damit das Training zum Fliegenden Wechsel von Erfolg gekrönt sein kann, müssen die Pferde gewisse Ausbildungsgrundlagen sicher beherrschen. Sie sollten sicher in der Galopphilfe sein und bereits entspannt und gleichmäßig galoppieren. Außerdem sollten sie gelernt haben, den Zügel-, Schenkel- und Gewichtshilfen zu folgen. Dies ist besonders wichtig, damit wir unser Pferd sowohl in der Körperposition als auch im Tempo kontrollieren können. Da es sich bei dem Fliegenden Wechsel primär um ein Verschieben des Pferdekörpers handelt, ist es wichtig, dass die Pferde die Grundlagen des Schenkelweichens beherrschen.
Das Verschieben
Nun ist die Zeit gekommen, unserem Pferd den Fliegenden Wechsel bzw. das korrekte Anreiten zum Fliegenden Wechsel beizubringen. Nur, wenn das Anreiten nachgiebig und in Ruhe erfolgt, wird das Pferd optimal und entspannt wechseln können. Von daher ist das Anreiten ebenso wichtig wie der tatsächliche Fliegende Wechsel.
Wir beginnen generell mit dem Fliegenden Wechsel von der schlechteren Galoppseite hin zur Besseren.
In diesem Fall planen wir einen Fliegenden Wechsel vom Rechtsgalopp in den Linksgalopp.
Schritte 1 (Blau)
Im Rechtsgalopp auf dem Zirkel (bei A) angaloppieren und mehrere Zirkel galoppieren. Hierbei darauf achten, dass das Pferd einen guten - nicht zu langsamen (!) - Grundrhythmus hat und nachgiebig / durchlässig ist.
Schritte 2 (Blau/Rot)
Wenn wir die o.g. Punkte erreicht haben, wenden wir unser Pferd bei K auf die Diagonal K-M ab. Hierbei ist darauf zu achten, dass wir unser Pferd "in die Hand" reiten und ihm so Stabilität sowohl in der Wendung als auch auf der nun folgenden Geraden geben. Außerdem ist es sehr wichtig, dass unser Pferd einen gleichmäßigen Galopprhythmus beibehält. Es darf nicht langsamer werden.
Graphische Darstellung der Übung zum Fliegenden Wechsel (Schritt 1 - 4)
Schritt 3 (Rot)
Nach circa 1/3 der Diagonalen beginnen wir unser Pferd vom linken Schenkel nach rechts weichen zu lassen. Hierfür stellen wir es leicht(!) nach links und treiben mit dem linken Bein in der Mitte des Rippenkastens. Das Ziel ist, dass unser Pferd geradegerichtet in der gesamten Körperlänge seitlich weicht. Wenn es 2-3 Schritte seitlich gewichen ist, reiten wir geradeaus weiter bis zum Zirkelpunkt bzw. M. Dies ist sehr wichtig, damit das Pferd lernt, die nun folgende Linkswendung nicht vorweg zu nehmen.
Schritt 4 (Schwarz/Blau)
Nun folgt ein halber Zirkel im Außengalopp (Rechtsgalopp auf dem Linkszirkel). Wir reiten unser Pferd weiterhin "in die Hand" und behalten die gesamte Zeit über einen gleichmäßigen, eher vorwärts-gerittenen Rhythmus. Spätestens bei dem Zirkelpunkt nach H lassen wir uns Pferd nun wieder entspannt über die Diagonale H-F zurück in den Rechtsgalopp. Je nach Alter, Ausbildungsstand und Gemütsverfassung des Pferdes, lassen wir es nun durchparieren zum Schritt oder setzen an, zu einer Wiederholung der Übung.
Wo war denn nun der Fliegende Wechsel?
Stimmt genau, es gab noch gar keinen Fliegenden Wechsel. Der Grund hierfür ist recht simpel. So lange sich unser Pferd nicht absolut leicht und gleichmäßig seitwärts verschieben lässt, reiten wir keinen Fliegenden Wechsel. Denn, wenn das Anreiten nicht gut ist, weshalb sollte es der Fliegende Wechsel dann werden.
Jetzt aber - Schritt 1 - 4 klappen hervorragend. Nun kommt der Wechsel!
Mit etwas Übung und Koordination hat unser Pferd die Schritte 1 - 4 gelernt, bleibt jederzeit nachgiebig und durchlässig an unseren Hilfen und hält einen gleichmäßigen Galopprhythmus. Die Zeit für den ersten Fliegenden Wechsel ist gekommen.
Dieser erfolgt genau im Schritte 3 (Rot) der obigen Anleitung und zwar nachdem wir unser Pferd haben seitwärts weichen lassen. Durch das Weichen ist die neue innere Körperhälfte erhöht und somit kann unser Pferd leichter umspringen.
Wir zählen dafür in der Seitwärtsbewegung im Kopf die Galoppsprünge. 1,...2,...3,...Wechsel!
In dem Moment in dem das Wort "Wechsel" im Kopf auftaucht, löst sich das linke Bein vom Pferdekörper und das rechte Bein schließt sich ,um den Wechsel zu erzeugen. Gleichzeitig wird die linke Hüfte des Reiters vorgeschoben. Wichtig ist, dass das Pferd weiterhin "in die Hand" geritten wird und seinen Rhythmus beibehält. Wenn unsere Vorarbeit funktioniert hat, wird unser Pferd nun unter uns den Fliegenden Wechsel springen. Wenn dem so ist, loben wir das Pferd und lassen es entspannt noch ein bis zwei Zirkel auf der linken Hand galoppieren, bevor wir zum Schritt durchparieren.
Was, wenn es nicht klappt?
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Also nicht verzweifeln, nur weil der erste Versuch nicht von Erfolg gekrönt war.
Nun gilt es vielmehr zu hinterfragen, weshalb es nicht geklappt hat. Mögliche Ursachen können sein:
- Das Pferd war zu langsam (häufigster Fehler)
- Das Pferd ist vorher nicht flüssig seitwärts gewichen
- Die Wechselhilfe war zu zaghaft
Wichtig ist, Ruhe bewahren und darauf achten, dass das Pferd sich nicht aufregt.
Danach gilt es, einfach noch einmal von vorne zu beginnen und die Schritte 1 - 4 zu durchlaufen.
"Solltet Ihr merken, dass es einfach nicht funktionieren will und ihr wisst nicht weshalb, macht es keinen Sinn, den Fliegenden Wechsel mit mehr Druck erzwingen zu wollen. In diesem Fall ist es ratsam, sich die Hilfe eines erfahrenen Trainers zu suchen, der vom Boden aus unterstützt und die Situation analysiert."
Allgemeine Tipps
- Loben lässt das Pferd verstehen, dass es etwas richtig macht. Von daher, viel loben bringt viel.
- Sollte das Pferd bei den ersten Versuchen / Fliegenden Wechseln schneller werden oder einmal bocken, strafen Sie es nicht. Es sind Reaktionen auf das Verlagern des Gleichgewichtes. Allerdings ist das Ziel, dass diese Reaktionen zeitnah verschwinden.
- Es ist wichtig, dass das Pferd jederzeit ruhig und entspannt bleibt. Ein aufgeregtes Pferd lernt nichts mehr.
- Klappt das Fliegende Wechsel regelmäßig, können Sie anfangen die Hilfen zu reduzieren.
- Zu Beginn nicht zu lange üben. 10 Minuten reichen am Anfang aus, damit das Pferd eine Idee von der Sache bekommt.
- Nicht zu häufig wechseln. Die Vorbereitung / das Anreiten ist hier der Schlüssel zum Erfolg und der Wechsel nur ein Resultat davon. Deshalb gilt gerade am Anfang bei 3-4 Mal Verschieben nur 1 Mal wechseln.
Für alle die noch ein bisschen weiterlesen möchten, hat die AQHA ein paar sehr gute Tipps zum Thema unter dem Titel "Master the Flying Lead Change" veröffentlicht.
Ich hoffe das Euch diese Tipps weiterhelfen und freue mich Eure Erfahrungen rund um das Thema Fliegender Wechsel zu hören.
Bei Fragen, Anregungen und Ideen lasst gerne einen Kommentar hier.
Viel Spaß und Erfolg beim Üben.